Werbung gibt Orientierung

Früher war klar: ein echter Mann raucht Marlboro. Die Milch macht´s. Zum Abend gehört Johnnie Walker. Wer rasant fahren will, muss Esso tanken, nur so kommt der Tiger in den Tank! Eine gute Mama kocht Miracoli. Alte Werbung, die aber fest in den Köpfen der vor 1980 Geborenen verankert ist. Sie gab Halt. Und beweist sehr gut: Werbung gibt Orientierung.

Fakt 1: Die meisten Menschen entscheiden sich ungern

Klar, es gibt diese Typen, die von sich selbst sagen „ich bin entscheidungsfreudig“. Es ist aber ein Fakt: der Mensch ist eher entscheidungsfaul. Nicht umsonst heißt eine Marketingregel, man stelle nur 2, maximal 3 Alternativen zur Auswahl. Wenn es mehr sind, muss man überlegen, vergleichen, nachdenken, bewerten … Und da gibt es wiederum so viele verschiedene Kriterien, die man vergleichen kann! Man denke nur mal an Tiefkühlpizza: Belag, Zutaten, Verpackung, Preis, Hersteller. Ja, inzwischen auch der Hersteller, konkreter seine Haltung zu Nachhaltigkeit, Ökologie usw. Dem einen ist die billigste Pizza am liebsten, der nächste will nur Bio-Zutaten, der dritte sagt „das Bild auf der Verpackung sah so lecker aus!“ …

Und das Schlimmste an einer Entscheidung: Was ist, wenn ich mich falsch entscheide? Gut, bei einer Tiefkühlpizza hat man rund 2 Euro in den Sand gesetzt und sagt, o.k., die nächste schmeckt besser. Aber bei einem Auto zum Beispiel? Die Angst vor einer Fehlentscheidung wächst erstens mit dem Anschaffungspreis. Und hemmt zweitens die Entscheidungsfindung. Bei manchen sogar bis zum Sankt Nimmerleinstag, weil man immer weiter neue Informationen sucht, um die Alternativen bewerten zu können …

Fakt 2: Man greift lieber zu Bekanntem

Hat man mit etwas gute Erfahrungen gemacht, entscheidet man sich beim nächsten Mal wieder dafür. In vielen Fällen entscheidet man sich sogar für etwas, mit dem man neutrale, ja eventuell eher schlechte Erfahrungen gemacht hat. Denn „da weiß ich, was ich zu erwarten habe“ – im Gegensatz zum Unbekannten. Viele Menschen sind risikoscheu, probieren ungern Neues aus.

Deswegen setzt man im Marketing auf die Wiedererkennung. Produkte, die es geschafft  haben, sich allein durch ihre Optik hervorzuheben, haben einen klaren Vorteil, den man nicht leichtfertig verspielen sollte. Die Silhouette einer Coca Cola-Flasche wird weltweit, auch ohne Produktschriftzug, erkannt. Eine quadratische Schokolade ist Ritter Sport. Eine dreieckige Verpackung kann doch nur Toblerone sein …

Fakt 3: Werbung schafft Bekanntheit

Und hier setzt die Werbung ein. Sie suggeriert dem Verbraucher Bekanntheit, auch wenn er vielleicht das Produkt selbst noch nie genutzt oder besessen hat. Sie schafft Vertrauen. Gemeinsam mit allen anderen Marketing-Aktivitäten wird über die Jahre ein Image eines Produktes aufgebaut – der Konsument meint das Angebot und dessen Eigenschaften schon zu kennen, obwohl es objektiv nicht so ist.

Fakt 4: Unsichere Zeiten triggern das Bedürfnis nach Orientierung

Je unsicher die Zeiten, je schlechter und verwirrender die Nachrichten- und Informationsflut, desto mehr sehnt sich der Mensch nach Ruhe. Ordnung. Bekanntem. Er will sich nicht noch viele Gedanken um Entscheidungen machen, er will Entscheidungshilfen. Orientierung.

Ergebnis: Werbung gibt Orientierung

Damit sind wir wieder am Ausgangspunkt: dem entscheidungsfaulen Menschen. Die Werbung erleichtert ihm die Entscheidung. Denn sie nimmt ihm (mindestens einen Großteil) des Entscheidungsweges ab. Das Gleiche gilt übrigens für das Influencermarketing. Das ist in den Grundzügen auch nicht viel anderes als die schon seit langen Jahren bekannte Werbung mit Testimonials. Ein bekannter Schauspieler / Sportler / aus sonstigen Gründen Prominenter preist dabei ein Produkt an. In der Regel nicht aus Überzeugung, sondern weil es dafür gutes Geld gibt. Oder glaubt tatsächlich irgendwer außer leicht beeinflussbaren Kindern, dass Profifußballer gläserweise Nutella futtern? Heute futtert halt die überschlanke Influencerin Nutella – weil es ja bekanntlich so schlank macht …

Lassen wir die Ironie mal beiseite. Gute Werbung hilft den Menschen, denn sie erleichtert ihnen das Leben. Leider gibt es noch viel zu viel grottenschlechte Werbung … tun wir gemeinsam etwas dagegen?