Früher war es einfach: es gab „normales“ Papier und Recyclingpapier. Letzteres erkannte man an der nicht ganz weißen, eher grauen Farbe. Dann stieg die Nachfrage nach Recyclingpapier, aber bitte schön in weiß. Hierfür wurde beim Recyclingprozess zuerst die Farbe des bedruckten Papieres herausgezogen. Für dieses sogenannte Deinking werden Natronlauge und Tenside eingesetzt, die mit dem zerkleinerten Papier und Wasser vermengt werden und die Druckfarbteilchen herausfiltern. Um nun ganz weißes Papier zu erhalten, wird der Faserbrei  mit Sauerstoff oder Wasserstoffperoxid gebleicht.  Das ist ökologisch durchaus bedenklich, denn so kommen Chemikalien ins Abwasser.

Woraus besteht eigentlich Papier?

Eines hatten „normales“ und Recycling-Papier aber gemeinsam: sie bestanden aus Holz. Zwar sind inzwischen über Dreiviertel der in Deutschland genutzten Papierprodukte aus recyceltem Papier, aber dieses stammt ursprünglich aus Holz. Und man kann die Fasern nicht unendlich wieder aufbereiten, nach 5 bis 7 Recyceldurchgängen sind sie nicht mehr stabil genug.

Inzwischen hat man erkannt: Holz ist eine kostbare Ressource. Also experimentierte man mit anderen Rohstoffen. Stroh, Grünschnitt, Hanf – all dies findet man aktuell als Papiergrundstoff. Vor allem der zunehmende Bedarf an Karton – getriggert durch den gestiegenen Online-Versandhandel und die damit notwendigen Verpackungen – brachte hier Innovationen hervor.

Gras beispielsweise hat nach  Herstellerangaben weitere entscheidende Vorteile gegenüber Holz: zur Herstellung werden nur 2 Liter Wasser (ein anderer kostbarer Rohstoff) statt 6.000 Liter (wie bei Holz) pro Tonne verbraucht. Desweiteren werden gerade mal 10 % der für Holz notwendigen Energie benötigt, und keine Chemie. Auch die CO2-Bilanz spricht klar für Gras: circa 128 kg CO2-Ausstoß gegenüber 510 kg bei einer Tonne Zellstoff aus Holz.

Samenpapier beim KeimenInteressante Papier-Variante: Samenpapier

Inzwischen trifft man öfter auch auf Papier, das Pflanzensamen enthält. Dieses kann dann zu einem Kalender oder zu Visitenkarten verarbeitet sein. Dabei ist die Idee spitze, die Umsetzung gestaltet sich häufig schwierig. So lehnen viele Druckereien von vornherein Samenpapier ab, da ihre Maschinen es entweder gar nicht verarbeiten können, oder durch die beim Druck entstehende Hitze die Samen abgetötet werden.

Wir hatten für unsere Visitenkarten verschiedene Hersteller und auch Druckereien angefragt. Natürlich haben wir uns dann nicht nur auf die Aussage „passt schon“ verlassen, sondern die Papiere auch getestet. Hier der Selbstversuch mit Tomate, Ringelblume, Celosia und anderen beim Keimen:

Fazit: ein netter Marketinggag, auch 100 % ökologisch und kompostierbar, aber aus diesen Samenpapieren werden sicher keine flächigen Blühwiesen für Insekten und Schmetterlinge entstehen.

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